Die Gründung
Die Geschichte beginnt mit einer ebenso unglaublichen wie wahren Begebenheit. Die beteiligten Personen: ein Pelzdieb, Peter Z., beginnt im Knast zu schreiben. Eine erfolgreiche Cartoonistin, Doris L., verliebt sich in den Knacki. Ein Bordellbesitzer, Dieter E., verspricht, dem Knacki nach der Entlassung zu helfen. Richtet ihm tatsächlich eine Kellerkneipe ein.
Und im schönen Haus werden die Wohnungen renoviert für Autor*innen und anderes Künstlervolk. Dann stiftet der Bordellbesitzer gar einen Literaturpreis, und der Vierte im Bunde, Prof. Herbert H., Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, gibt dem ganzen Projekt noch seinen Segen und macht den Jury-Vorsitz.
Dies geschah im Jahre 1985, zu einer Zeit, als es für Literaten und Künstler noch keinen festen Ort in Frankfurt gab und noch niemand an ein Literaturhaus dachte. „Romanfabrik“, so sollte das Haus in der Uhlandstraße im augenzwinkernden Selbstverständnis der Bewohner*innen heißen, denn die Autor*innen wollten von dem Verkauf ihrer Produkte leben.
Zwischenspiel
Im Jahre 1998 zeichnete sich die sicherlich bedeutsamste Veränderung in der Geschichte der Romanfabrik ab. Der Mietvertrag für den Keller in der Uhlandstraße lief aus. Es ergab sich zu dieser Zeit ein Kontakt zu Ardi Goldman, Frankfurter Großinvestor. Er plante, das Gelände des ehemaligen Frankfurter Brauhauses auf der Hanauer Landstraße neu zu gestalten und hielt es für wünschenswert, dort auch einer Kultureinrichtung Platz zu bieten. Nach langem Nachdenken und zahlreichen Diskussionen entschloß sich der Verein Romanfabrik, das Wagnis einzugehen und den Umzug zu wagen. Aber das Projekt „Union“ war noch im Bau, das heißt, der geplante Einzugstermin Herbst 1998 verzögerte sich mindestens um ein Jahr.
Die alten Räume waren gekündigt, die neuen noch nicht fertig. Zwei Off-Spielstätten waren bald gefunden: Die musikalischen Abende wurden in der Aula der Frankfurter Akademie für Kommunikation und Design in der Ostparkstraße veranstaltet. Und die literarischen Veranstaltungen fanden im Nachtclub „West-Östlicher Diwan“ in der Oskar von Miller-Straße statt. Mit seiner Stripteasebühne und den plüschigen roten Sofas bot der Ort den Autor*innen und dem literarisch interessierten Publikum erotisches Flair.
Schlußbemerkung
Mittlerweile hat die Romanfabrik den Charme des Neuen fast verloren, es wird regelmäßig renoviert, erneuert, ergänzt und verbessert. Doch immer noch treibt sie die Bereitschaft an, sich auch neuen Projekten zu widmen und neue Partnerschaften einzugehen.
Die Romanfabrik hat in ihren über dreißig Jahren fast hunderttausend Besucher und einige Tausend Künstler und Autoren zu Gast gehabt. Bei allen Krisen hat die Romanfabrik in der Stadt Frankfurt und dem Land Hessen zuverlässige Partner. Unseren Platz im Frankfurter Kulturleben haben wir gefunden und uns etabliert. Aber nichts ist gegeben, wie die Wechsel der vergangenen Jahre belegen. Das Netzwerk zwischen öffentlicher Hand, Publikum, Künstler*innen und Presse muß stetig neu geknüpft werden. Als Ort der Begegnung und als Ort ständig neuer ästhetischer Erfahrung und damit Bereicherung bis hin zu neuen Erkenntnissen sollte sie noch mindestens weitere dreißig Jahre dienen.