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Texttöner am 7., 8. & 9. 12. 2004
Kuscheliges Duo
Anne Bärenz und Frank Wolff in Frankfurt

Tannhäuser ist besoffen, Schweine fressen ihren eigenen Speck und der Vogel trällert angesichts der Katze besonders laut. Jandl umrahmt den Kriegsversehrten Johnny und die Beatles folgen auf Fauré. Das alles macht nicht unbedingt Sinn. Trotzdem funktioniert das neue Programm von Anne Bärenz und Frank Wolff ebenso wie alle Programme zuvor nach genau diesem Prinzip. Wie Messies nehmen sie aus E- und U-Musik, E- und U-Literatur alles mit, was ihnen brauchbar erscheint, und basteln daraus ihre musikalisch-poetischen Collagen. "Play on" heißt das neue Programm, das sie in der Romanfabrik Frankfurt präsentierten. ... Ganz neu sind diese Verknüpfungen nicht, unterhaltsam waren sie aber auf jeden Fall. Um Trends, um das Neue, haben sich Anne Bärenz und Frank Wolff noch nie geschert. Bei "Play on" gibt es keine Überraschungen, sondern ein gewohnt kuscheliges, pathetisches und dialektisches Duo.

Main-Echo vom 10. 12. 2004 - Ulrike Krickau


Erzählkunst am 9. 11. 2004
Liebe und Verrat
Patrick Roth erhellt in der Romanfabrik "Starlite Terrace"

Ein Apartmenthaus in Los Angeles mit dem pompösen Namen "Starlite Terrace", benannt nach einem legendären New Yorker Ballsaal, und vier seiner Bewohner, die die Geschichten ihres Leben erzählen - mehr braucht der 1953 in Freiburg geborene und seit mehr als einem Vierteljahrhundert in den USA lebende Schriftsteller Patrick Roth nicht, um daraus ein faszinierendes Stück Literatur zu erarbeiten. Wer Roth schon einmal aus seinen Texten hat vorlesen hören, wird den Sound, den er ihnen verleiht, das Spiel mit der inneren Spannung, auch beim Lesen nicht mehr verdrängen können. Es gibt nur wenige Autoren, die ihrer Prosa derartige Akzente verleihen können. In der Frankfurter Romanfabrik las Patrick Roth gut 80 Minuten lang aus Starlite Terrace, von Romanfabrik-Leiter Michael Hohmann als "Glanzpunkt zeitgenössischer Literatur" eingeordnet. ... Die "Frucht der letzten 30 Jahre", so sagte Patrick Roth, sei dieses Buch, das Konzentrat dessen, was man auf Partys in Hollywood erfahren könne, wenn man genau hinhöre, seine Gesprächspartner ernst nehme. Wenn dieses genaue Hinhören sich dann mit der technischen Fertigkeit des Autors Patrick Roth verbindet, dann entsteht Literatur, der das Publikum in der Romanfabrik über mehr als eine Stunde ebenso bereitwillig wie gebannt folgte.

Frankfurter Rundschau vom 11. 11. 2004 - Christoph Schröder


Wortkunst am 13.10.2004
Quast las aus prominenten Jugendsünden

Das literarische Gruseln hat spätestens seit dem Mittelalter Tradition. ... Es geht um Mord, um Laster und Verbrechen - ein Mix wie gemacht für Michael Quast. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich der Kabarettist von der Begeisterung der Hörfunkjournalistin Kathrin Fischer anstecken ließ und mit ihr daran ging "Sex and Crime" die besten Balladen und Schauermärchen aus über 150 Jahren Literaturgeschichte zu sammeln. ... Herausgekommen ist ein ... Hörbuch, das die beiden jetzt in der Frankfurter Romanfabrik präsentierten. Ein Event mit Gänsehautgarantie und etlichen amüsanten Momenten. ... Ein Fest für Quast ... Da wird gestammelt, gewispert, gepfiffen und geknurrt und wenn der Sprecher in Fontanes "Brücke am Thai" den Unheil bringenden Sturm imitiert oder mit eindringlich-beschwörender Stimme den Erlkönig gibt, wird klar, warum die Faszination dieser Literaturgattung bis heute ungebrochen ist.

Offenbach Post vom 16. 10. 2004 - Cornils


Buchmessenschwerpunkt vom 6. 9. 2004
Fortsetzung folgt
OB Petra Roth schlägt sich prima bei der neuen Märchen-Vorlese-Reihe in der Romanfabrik

Die OB war ein wenig aufgeregt. Dabei müsste gerade sie es doch gewohnt sein, hin und wieder Märchen zu erzählen. Doch dieses Mal waren die Umstände anders: Die Romanfabrik war in gedämpftes Licht getaucht, das Ambiente orientalisch, die angeboten Speisen ebenso. Oben auf der Terrasse es Wasserpfeifen zu rauchen. Der iranische Musiker Riad Kheder sorgte mit seinem Spiel auf Trommel und Oud, einer Art Mandoline im Großformat, für musikalische Untermalung. Und Petra Roth musste keine politischen Reden halten, sondern sie las Geschichten aus Tausendundeiner Nacht. Sie machte das ausgesprochen gut. ... saß auf einem Ledersessel und las recht professionell, mit dunklem Timbre in der Stimme. Vom Kaufmann..., vom Gazellenbesitzer..., ...Und natürlich immer wieder vom anbrechenden Morgen, der Schahrasad zwingt, ihre Rede zu unterbrechen - bis zur nächsten Nacht. ... Die Fortsetzung folgt in den kommenden Wochen, bis am 10. Oktober, ... die Schauspielerin Hannelore Elsner die Reihe beenden wird. Zuvor werden unter anderem die Moderatorin Petra Gerster und die Intendantin des Frankfurter Schauspiels, Elisabeth Schweeger, auftreten...

Frankfurter Rundschau vom 8. 9. 2004 - Christoph Schröder


Musical am 26., 27. & 29. 5. 2004
Miss Marple zieht alle Register
Sabine Fischmann und die "Frankfurter Frühjahrkollektion"

In der Frankfurter Romanfabrik präsentieren die Sängerin Sabine Fischmann und die vier Musiker der "Frankfurter Frühjahrkollektion" das Musical "Miss Marple-Mord nach Maß". Das Libretto schrieb die Saxophonistin Susanne Kohnen, die Musik der Pianist Markus Neumeyer. Unter der Regie von Hildburg Schmidt ist aus Agatha Christies Kurzgeschichte "The tape-measure murder" ("Die Stecknadel") ein rasanter Bühnenabend mit viel Witz und auf hohem Niveau geworden. ... Souverän spielt Fischmann mit den musikalischen Registern und läßt Miss Marple in 24 Musiknummern des Programms losschmettern, trällern, säuseln, röhren, röcheln, rappen und in aberwitzigem Tempo den Handlungsverlauf zusammenfassen. Diverse Stile der Jazz- und Popmusik werden mühelos parodiert. ... Zum Vergnügen des Publikums spielt Sabine Fischmann nicht nur die Titelheldin. Mit verdrehten Augen und heraushängenden der Zunge gibt sie die Leiche, um im nächsten Augenblick in die viktorianische Strenge der Hobbydetektivin zu wechseln oder als von Gier besessene Diamantendiebin aufzutreten.

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2. 6. 2004 - usch.


Jazz am 13. 5. 2004
Grellgrüne Eifersucht
Maria Stocka und Janusz Stefanski in Europa und der Romanfabrik

"Ich lag im hohen grünen Grase..." - tagträumend beginnt Maria Stocka ihre Tag- und Nachtgeschichten um die Liebe. ... Maria Stocka raunt, rappt, flüstert - zumeist von ihr selber geschriebene - Texte und frönt ihrer Liebe zum Jazz. After midnight röhrt sie und den Blues vom schwarzen Kaffee - und unversehens ist es spät geworden. Lautmalerisch, bildersicher hat sie erzählt von der Hitze nächtlicher Traumfahrten, dem launischen Erwachen am Morgen und von grellgrüner Eifersucht. Begleiter bei all diesen Liebeshändeln war der Schlagzeuger Janusz Stefanski. Ganz offenbar haben sich hier zwei verwandte Seelen getroffen. ... Wenn Stocka zitiert und den Klavierhocker freigibt, schiebt Stefanski sich an die Tasten und beweist sein Talent als Bill "Chopin" Evans. Zuweilen kocht die Herzsoße über. Dann übernimmt der Schlagzeuger, und mit zwei, drei grimmigen Aktionen weist er das Gefühl in die Schranken.

Frankfurter Rundschau vom 18. 5. 2004 - Gerd Döring


Das Peter-Reiter-Trio fährt Eisenbahn

Das Frankfurt Jazz Trio war angekündigt, doch krankheitsbedingt fiel der Auftritt aus. So sprang Peter Reiter mit Jens Düppe (Schlagzeug) und Dietmar Fuhr(Bass) ein, deren Konzert in der Reihe Xtra der Jazzinitiative ohnehin vorgesehen war. Reiter war angetan von der Akustik dieses "wunderschönen Raumes" in der Romanfabrik, die es den Musikern erlaubte ohne Verstärkung zu spielen. Im Gegensatz zu seinen Auftritten mit der hr Big Band, bei der seine Dynamik vom Toningenieur abgemischt wird, kam sie hier von Reiters Anschlag, Düppers Fell- und Beckenakzenten, Fuhrs gezupften und geschlagenenSaiten.
...So perlten sie durch den Abend: nie mit Volldampf, aber mit genügend Reserven, so als könnte jeden Augenblick ein Ventil brechen und Druck ablassen. Das passierte aber nicht, und so blieb die Spannung bestehen für das nächste Stück, das übernächste und weiter für den Heimweg.

Frankfurter Rundschau vom 21. 2. 2004 - M.R.


Das muß einmal gesagt sein
Peter Bichsel liest in der Frankfurter Romanfabrik

"Ich glaube", sagt Peter Bichsel," der Sinn der Literatur liegt nicht darin, daß Inhalte vermittelt werden, sondern darin, daß das Erzählen aufrecht erhalten wird." Nun erzählen könnte man alles und überall, beim bekennenden "Zugschreiber" Bichsel aber landet man eben oft und gern im Zug, meist in der Transsibirischen Eisenbahn, Ziel Wladiwostok.
...Auch die jüngsten Werke des Schweitzers, der Erzählband "Eisenbahnfahren" und die Kolumnensammlung "Doktor Schleyers isabellenfarbige Winterschule", lassen in typischer Bichselscher Subversion das, was wir für das normale halten, staunenswert, das Unwahrscheinliche glaubhaft und übersehenswertes phantastisch erscheinen.
...Gibt man sich aber der luxuriösen Zeitverschwendung des Zugreisens erst mal hin, füllt Bichsel die Gepäcknetze mit all den komischen, irritierenden Abschweifungen, die kein konkretes Ziel haben mögen, außer dem einen: den Kopf. Dort sammeln sich die Stimmen zwischen Olten und Wladiwostok, dort ist das Erzählen zu Hause.

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. 2. 2004 - Kristina Michaelis


Beschränkte Berliner Schnauze
Maurenbrecher mit neuem "Gegengift" in der Romanfabrik

Klavierspielen kann er eigentlich nicht gut. ... Aber das kann nicht verhindern, dass Manfred Maurenbrecher großartige Musik mit noch besseren Texten macht. Davon konnte sich das Publikum in der Romanfabrik abermals überzeugen.
... Im Lied "Gibt nicht gleich auf" erzählt er von einem Verzweifelten, der auf einem Kirchturm steigt, um sein Leben mit einem Sprung in die Tiefe zu beenden, doch unten findet gerade ein Kinderfest mit diversen Turngeräten statt, so daß der Unglückliche auf einem Trampolin landet. Der einfühlsam ermutigende Refrain dazu: "Gibt nicht gleich auf! Du hast es doch drauf."
Solche Ironie ist jedoch bei Maurenbrecher kaum als zynisch zu verstehen. Gelegentlich ist er zwar boshaft, aber nie gehässig.
... Das Maurenbrecher jedoch poetisch sein kann, ohne daß es deswegen peinlich wird, ist seiner schnörkellosen Sprache zu verdanken.
... Seine Liebeslieder sind von einer abgründigen Zartheit, die bei der Mehrheit seiner Kollegen im Lande nicht zu erwarten ist.
... Die Musik seiner Lieder ist ebenfalls schlicht gehalten. Meistens sind es einfache Akkorde, mit denen er sich am Klavier begleitet. Auch hier wirkt sich die Sparsamkeit zum Vorteil der Kompositionen aus, denn dadurch wirken sie direkt und spontan. Wie der ganze Abend, für den sich das zu Anfang erklungene "Lied, beim Singen entstanden" als programmatisch erweisen sollte.

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. 1. 2004 - Tim Caspar Boehme


Zum Neujahrskonzert Heinz Sauer Quartett
Kratzen an der Oberfläche
Heinz Sauer Quartett mit dem Neujahrskonzert "First Take in 04" in der Romanfabrik

Ein Hüne der versucht, hinter seinem Instrument zu verschwinden - so steht Heinz Sauer auf der Bühnen der Romanfabrik.
... der Musiker reckt sein Instrument Richtung Horizontale, als wollte er damit vor Augen führen, was es denn nun ist , was den Raum vibrieren läßt und ihn dermaßen physisch mit Klang erfüllt. Klang das ist das Stichwort. Das neue Quartett des nunmehr 71-jährigen Musikers - seit 1960 Mitglied und Komponist des HR-Jazzensembles und viele Jahre Bandmitglied bei Albert Mangelsdorff - sucht an der Oberfläche des Sounds.
... Keine Zielgerichtetheit, sondern der Weg, die Suche nach vorne. Gesucht wird: die Unmittelbarkeit; überlautes Atmen am Mundstück, Klopfen auf den Bass- Korpus, Hämmern ins Flügel- Innere- das alles sind keine Störgeräusche, sondern ist ein Kratzen an der Oberfläche.
... Neben Sauers beinahe schon altem Weggefährten Stephan Schmolk am Bass glänzt der erst 25 Jahre alte Pianist Michael Wollny. Die Strähnen seines halblangen Haares im Gesicht, beugt sich dieser tief über die Tasten, lauscht intensiv auf seine Begleiter, begibt sich mit ihnen auf Klangsuche, gibt Phrasen vor, legt das Fundament, löst sich urplötzlich wieder, spielt sich frei, bricht in rasend schnelle Läufe aus. Ebenfalls neu im Ensemble ist Willy Kappich. Das Ex-Mitglied des Frankfurter Kurorchesters spielt in Sauers Formation.